‚du liebst meinen Vater‘

Am 3.12.22 starten wir um 8:30 Uhr in Invercargill mit einem Bus in Richtung Süden. Es geht nach Bluff, genauer gesagt zum Stirling Point. So weit südlichst sind wir nie auf der Welt gewesen. Wir sind überhaupt einmal um die halbe Welt gereist, um hier wandern zu gehen. Keine Ahnung ob es daran liegt, aber irgendwie fühlt sich der Boden manchmal an, als würde man im Aufzug stehen. Irgendwie schwindlig. Vielleicht müssen sich unsere Zellen erst einmal umgewöhnen. Hier herrscht Linksverkehr und überhaupt fließt hier das Wasser anders herum?

Ok. Zurück zum Wesentlichen. Wir starten also um kurz nach 9 Uhr am Stirling Point unseren nächsten long distance hike. Die Südinsel Neuseelands soll es sein. Te Araroa – the long pathway – der lange Weg. Auf den Spuren der Hobbits hier und da. Zu Beginn fühlt es sich auch so an. In einem Urwald mit Farnbäumen mit fremdartigen, exotischen Vogelrufen geht’s zunächst bergauf, dann bergab. Es regnet ein bisschen, eine steife Briese weht von Westen. An den schroffen Felsen an der Küste angekommen halten wir uns kurz an dieser, nach den ersten 9km Trail über schmalere Pfade, Wiesenwege und mit Dschungelgeräuschen und tosendem Meeres- und Windgetöse, folgen 17km Straße. Vorbei brettern Autos und schwere Lastwagen. Zum Glück wurde letztes Jahr der asphaltierte Radweg von Bluff bis Invercargill fertig gestellt. Die Tagesetappe umfasst für uns knappe 38km. Zurück in Invercargill geht’s wieder in unser Hotel, in dem wir morgen nach dieser (für den Anfang) Monsteretappe einen weiteren Tag Pause einlegen. Am Montag stehen dann 32km an.

Wie der Titel zu Stande kam? In einer der drei recht kurzen Pausen des Tages in einem kleinen Bushäuschen, drehte ich ein kurzes Video und mir wurde klar, wie ähnlich ich in diesem meinem Vater sehe. In einem Anflug des Erstaunens sagte ich daraufhin zu meinem Mann ‚Du liebst meinen Vater‘. Wir haben viel gelacht.

Eine lange Reise

Mittwoch Abend fährt uns mein Papa zum Frankfurter Flughafen. Nach der regnerischen Fahrt durch zig Baustellen, geben wir am Flughafen unser Gepäck beim Vorabend Checkin ab. Dann fahren wir mit einem Taxi ins Hotel. Der Fahrer wollte eigentlich schon Feierabend machen, sieht uns aber noch und bietet sich an. Im Auto stellen wir fest, daß ist kein gewöhnliches Taxi. Beim Bezahlen fragen wir nach Kartenzahlung, müssen dann aber per Paypal zahlen, da er normalerweise nur Stammkunden fährt und mit Rechnungen arbeitet, um sich sein 130.000€ Auto leisten zu können 😳

Im Hotel trinken wir noch ein Radler und einen Sekt und dann geht’s ab ins Bett.

Donnerstag morgen wachen wir um 6:30 Uhr auf und genießen ein ausgiebiges Frühstück im Hotel und gehen danach noch mal aufs Zimmer. Gegen 10:30 Uhr stellen wir beim Taxi klar, dass wir mit Karte zahlen wollen und lassen uns zum Flughafen fahren. Unser Flug ist noch nicht auf der Anzeigetafel zu finden, aber der nette Herr am Condor Schalter hilft uns uns kurze Zeit später sind wir durch die Sicherheitskontrollen und haben noch eine Menge Zeit.

Unser Flug geht um 13:55 Uhr und dieser startet pünktlich. Wir sitzen ziemlich weit hinten und hoffen, dass wir den Umstieg in Seattle nach Honolulu so schnell es geht schaffen, da wir nur 2 Stunden Zeit haben. Über Island kommt es plötzlich zu heftigen Turbulenzen und es gibt eine Bandansage in einer fremden Sprache, die uns zunächst denken lässt, dass Flugzeug sei gekidnapped worden 🤣 danach ertönt die englische Übersetzung und klärt uns nur darüber auf, dass wir wegen Turbulenzen auf unseren Sitzplätzen bleiben sollen.

Nach endlosen Stunden landen wir endlich in Seattle. Es ist hier erst Nachmittag, zu Hause Mitternacht. Dementsprechend müde sind wir. Kaum aus dem Flieger raus, versuchen Henning und ich uns an so vielen Leuten wie möglich vorbei zu kämpfen. Mit Erfolg. Am Gepäckband kommen unsere Taschen unter den ersten 15 Gepäckstücken und wir flitzen weiter zum Zoll. Nach einigen kurzen Fragen zu unseren Plänen auf und nach Hawaii und wie wir uns das finanzieren, werden wir durchgewunken und haben noch etwas mehr als eine Stunde Zeit am Airport in Seattle. Erstmal zu McDonalds.

Um 18:55 soll der Flieger starten. Mit ein paar Minuten Verspätung geht’s dann los Richtung Hawaii. Wir sind mittlerweile mega müde. Der Flug soll 5:30 h dauern. Die reinste Hölle. Neben uns in der Reihe sitzt eine Familie mit Kleinkind, welches andauernd beginnt laut zu schreien. Außerdem herrschen heftige Turbulenzen, es gibt deshalb nur einmal was zu trinken. An Schlaf ist kaum zu denken, auch wenn wir beide immer wieder im Sekundenschlaf abdriften. Die Zeit vergeht überhaupt nicht. Wir sind so müde. Irgendwo hinter oder vor uns muss sich jemand übergeben.

Irgendwann kommen wir dann doch an. Unsere Taschen sind wieder unter den ersten. Dann geht’s raus aus dem Flughafen und ab zum Taxi. Nach 20 Minuten sind wir im Hotel, nebenan ist ein Minimarkt wo wir uns ein Abendessen und was zu Futtern holen. Auf dem Zimmer genießen wir kurz die Aussicht, essen was und fallen in einen Tiefen Schlaf. Nach 28 Stunden wach endlich Schlafen.

Das war wohl nix…

Wow. Das ist echt erschreckend dünn, was ich da an Blogbeiträgen auf dem PCT geschrieben habe.

Sorry an alle, die sich da mehr erhofft hatten und auch sorry an mich selbst, da ich mir selber so viel vorgenommen hatte. Es hätte eine Art Tagebuch werden sollen, in dem ich später noch mal einiges wieder erleben wollte.

Aber es ist wirklich nicht leicht für mich, jeden Tag einen Eintrag zu schreiben. Abends nach dem langen Wandertag bin ich oft so müde, dass ich nur noch koche, esse und dann in einen erstaunlich tiefen Schlaf falle.

Auch die Artikel wöchentlich oder aus einem Ort heraus nachzuverfassen fällt mir schwer, da wir dann so wahnsinnig viel zu tun haben. In Pause auf dem Trail während des Wandertag es sind wir meist mit Wasser Filter oder essen beschäftigt. Außerdem will ich dort in der Natur mein Umfeld genießen, mit anderen quatschen. Kommt man nach mehreren Tagen in einen Ort gibt es viel wichtigeres zu tun: einkaufen, die nächsten Etappen grob planen, Wäsche waschen und trocknen, DUSCHEN (!) und wenn man sich ein Hotel gönnt, will man eigentlich nur ausruhen.

Ab und zu müssen wir auch mal ein Versogungspaket packen für einen Abschnitt, der zum Beispiel nur eine Tankstelle als einzige Zivilisation bietet. Hier kann man einfach keinen kompletten Einkauf machen. Die Besitzer nehmen aber meistens Resupply Pakete an und bei der Abholung kann man meistens sogar noch eine warme Mahlzeit genießen, die nicht aus einer Tüte kommt.

Jedenfalls versuche ich es einfach noch einmal mit dem Schreiben. Nachdem wir Anfang September nach Hause gekommen sind, um alles zu verdauen, halten wir uns jetzt dann doch an unseren ursprünglichen Plan. Wir hatten auch überlegt, eine Asien- oder eine Südamerika-Rundreise zu unternehmen, allesdings fliegen wir jetzt doch erst für eine knappe Woche nach Hawaii und dann weiter nach Neuseeland zum Wandern. Dort werde ich versuchen, eine Art Trail Tagebuch zu schreiben. Zumindest ein paar Zeilen vorm Schlafengehen.

Bis dahin, alles Liebe 🙂

Campo – Mount Laguna

Nachdem wir gestern Abend noch im Target einkaufen waren und im Anschluss alles im Hotelzimmer zum Sortieren ausgebreitet hatten, machen wir uns mit unseren Paketen auf den Weg zur Post. Wir wollen uns ein ‚Ressuply Paket‘ nach Warner Springs schicken. Hier soll der Resupply, also das Einkaufen, nicht so gut sein. Im Anschluss holen wir unseren Kram aus dem Hotel und gehen zum Treffpunkt mit dem PCT-Southern Terminus-Shuttle. Die Fahrt verläuft klasse und wir können noch an einem Laden anhalten und Gaskaruschen bekommen wir vom Fahrer ‚Just Paul‘. Am Terminus angekommen bekommen wir unsere PCT Plakette, machen Fotos ohne Ende und dürfen sogar heute schon starten, obwohl erst morgen unser offizielles Startdatum ist. Wir beschließen trotzdem wie geplant am nächsten Campground nach 0.5 Meilen den Tag zu beenden. Es ist brütend heiß und erst Mittag.

Auf dem Campground von Camp Lockett treffen wir viele tolle Leute und essen zusammen mit 20 Leuten zu Abend. Der exzentrische Trailangel ‚Legend‘ hat das schon für tausende von Wanderern gemacht:ein Spaghetti Dinner. Danach gehen wir mit ein paar anderen noch mal zum Terminus und schießen Fotos im Sonnenuntergang.

Nach einer sehr kalten und feuchten Nacht gibt es Frühstück und wir starten doch später als geplant, obwohl wir echt früh aufgestanden sind.

Die ersten Meilen fliegen dahin, allerdings wird es immer heißer und schon bald packen wir unsere Sonnenschirme aus. 6 Liter Wasser haben wir uns eingepackt. Bei Camp Lockett hing eine Waage. Mein Rucksack wiegt stolze 17 kg beim Start am 1. Tag.

Es ist einfach traumhaft schön und so schaffen wir trotz der heißen Temperaturen 15 Meilen bis zum Hauser Creek Campground. Wir haben jeder noch 2 Liter Wasser übrig. Zum Glück haben wir so viel mitgenommen. Kurz bevor wir den Campground erreichen, werden wir Zeuge, wie ein anderer Wanderer von einem Hubschrauber ausgeflogen wird, da er anscheinend zu wenig Wasser hatte und dehydrierte (erfahren wir am nächsten Tag).

Nur drei andere Wanderer vom 1. Tag treffen wir hier wieder: Tev, Nathan und Charles.

Am nächsten Tag geht es früh los. Wir müssen über einen ‚Berg‘, um nach Lake Morena zu kommen, wo uns der berühmte Malt Shop mit Breakfast Burritos erwartet. Wir verbringen außerdem einige Zeit auf dem Campingplatz, duschen und quatschen mit den Leuten. Außerdem erhalten wir unsere erste Trail Magic. Wir bekommen Hot-Dogs, ein tolles Gespräch und Süßigkeiten.

Danach geht es durch die brütende Hitze bergauf über sandigen Untergrund. Nach etwa zwei Meilen muss ich wieder eine Pause im Schatten machen. Die Hitze schafft mich mehr, als ich erwartet hätte.

Nachdem wir neben einer viel befahren Straße durch einen Wiesengrund gewandert sind, erreichen wir Boulder Oaks Campground. Hier gibt es wieder Trail Magic. Bananen, Snacks und Light Beer. Ich nehme mir nur eine Banane. Wir quatschen mit den anderen Hikern und die Zeit vergeht. Wir bauen unsere Zelte auf und essen mit Melarie und Luke zu Abend. Wir haben die beiden am Mal Shop in Lake Morena kennen gelernt. Auch Nathan und Tev sind wieder hier. Es ist wirklich schön, immer wieder bekannte zu treffen, aber auch neue Leute kennen zu lernen.

Auch in dieser Nacht kann ich ganz gut schlafen, auch wenn wir um 5:00 schon aufstehen, frühstücken und weiter ziehen. Um 6:30 sind wir auf dem Trail. Wir wollen versuchen, der Hitze des Tages so gut es geht zu entgehen. Bis Kitchen Creek klappt das auch aber danach brütet die Sonne vom Himmel. Die 2,5 Liter Wasser reichen für mich grade so bis zur nächsten Wasserquelle. Unterwegs trafen wir noch Frank aus Deutschland. Wir haben unsere Pause gemeinsam verbracht und gequatscht. Der Tag ist wieder sehr heiß. Ich verbringe den gesamten Tag mit Sonnenschirm. Ohne wäre ich wirklich aufgeschmissen. Die Kappe oder eine Mütze hilft bei mir nur bedingt, da ich darunter immer einen extrem heißen Kopf bekomme. An der letzten Wasserquelle vor Mount Laguna füllen wir unsere Vorräte gut auf. Ich nehme 4 Liter und Henning sogar 6 Liter mit. Es sind zwar nur noch rund 4 Meilen bis Mount Laguna, aber es ist erst 14 Uhr und wir wissen noch nicht wo wir landen werden.

Wir finden schließlich einen schönen Ort zum Zekten zwei Meilen vor Mount Laguna, wo wir morgen einkaufen gehen wollen.

39,5 Meilen in 3 Tagen geschafft, viele neue Leute getroffen und wir sind mega happy 🙂

Anreise

Es ist Freitag Nachmittag, 18.3. Wir haben endlich unseren negativen Covid Test und können los in Richtung Frankfurt.

Bis zu diesem Test war es noch ungewiss, ob wir unseren Flug verlegen müssen und somit einen Haufen Kohle verlieren, da wir uns letzte Woche auf den letzten Drücker noch mit Corona angesteckt hatten. Eine Woche voller Halsschmerzen, Husten, Kopfschmerzen und Schlappheit (zumindest für mich) lag hinter uns. Wir wollten so unbedingt los…

Aber jetzt fahren wir nach Frankfurt. Am Flughafen geben wir unser Gepäck am LateNight Check In auf und wollen zu Fuß zum Hotel laufen. Ausgeschlossen. Nach kurzem Herumirren sehen wir ein, dass es für Fußgänger unmöglich ist, die Hotels zu erreichen. Also ab zum Taxistand.

Im Hotel abgekommen, laden wir kurz unsere Rucksäcke im Zimmer ab und gehen noch zum Rewe, um uns einen kleinen Snack zum Abendessen einzupacken.

Das Frühstück am nächsten Morgen ist klasse, die Taxifahrt zum Flughafen läuft reibungslos. Nach kurzem Suchen finden wir recht schnell unser Gate. Sicherheits- und Passkontrolle sind ebenfalls sehr schnell erledigt. Wir holen uns noch ein Croissant, eine Brezel und eine Flasche Wasser für 9,40€. Ohne diese Dinge wären wir ziemlich aufgeschmissen, aber dazu später.

Nach ein paar letzten Telefonaten mit der Familie geht’s zum Boarding. Ein bisschen gewusel, in welche Reihe wir uns anstellen müssen, eine letzte Kontrolle der Dokumente (der Covid-Nachweis ist der wichtigste) und dann sitzen wir im Flieger und sind guter Dinge.

Die Zeit im Flieger vergeht erstaunlich schnell. Nach etwa 7 Stunden Flug bricht etwas Hektik im Flieger aus. Einer Person einige Reihen vor uns scheint es nicht gut zu gehen. Ich tippe auf einen Thrombus, der sich gelöst hat. Es ist die Rede von Aspirin, ein Arzt wird über Funk ausgerufen und eine Stewardess läuft mit blutigen Kanülen an mir vorbei.

Zunächst sieht es so aus, als sei der/die Patient in stabilisiert und wir könnten unser Ziel Seattle erreichen. Etwa 2 Stunden vor Ende des Fluges drehen wir dann doch noch nach Edmonton, Kanada, ab. Nachdem das Bodenpersonal die Versorgung übernommen hat und das Flugzeug nachbetankt worden ist, fliegen wir weiter nach Seattle. Bei der Landung sehen wir, wie auf der Startbahn nebenan unser Flieger nach San Diego abhebt. Den haben wir wohl verpasst.

Auf dem Weg zur Passkontrolle wird es hektisch. Jeder will der erste sein. Nach etwa 20 Minuten Warten sind wir an der Reihe. Der Officer an der Passkontrolle stellt uns ein paar Fragen, was wir in den USA wollen, wie wir uns das leisten können, ob wir einen Job zu Hause haben. Nachweise braucht er nicht. Der Job, was wir arbeiten und wie viel wir gespart haben, das wir ein Sabbat Jahr haben, reicht ihm als Infos. Stempel drauf und ab zum Gepäckband.

Hier ist es auch noch mal sehr hektisch und unübersichtlich. Ein Mitarbeiter des Flughafens hat unsere Taschen schon vom Band gehoben. Diese schnappen wir uns und dann stellen wir uns in der nächsten Schlange an. Hier wird noch das Customs Declaration Form geprüft. Da wir nichts mit ja beantwortet haben (keine Lebensmittel, keine verbotenen Gegenstände, kein Bargeld etc.) können wir so weiter. Als nächstes hätten wir unsere Gepäck wieder aufgegeben und für den Weiterflug nach San Diego eingecheckt. Der Herr am Band sagt uns aber, wir müssten raus und komplett neu einchecken.

Nach erneutem Suchen und einer Fahrt mit einem Flughafenshuttle, stehen wir in der Flughafen Halle. Natürlich ist unser Anbieter am anderen Ende dieser Halle. Nach weiterem Anstehen in einer Schlange am Schalter von Alaska Airlines liegen die Nerven so langsam blank. Beim Gespräch mit der Dame von Alaska Airlines erfahren wir, dass Condor unseren Weiterflug auf Morgen Nachmittag umgebucht hat. Die Frau war mega freundlich und hat sich sehr viel Mühe gegeben, uns irgendwie zu helfen. Wir würden gerne eher fliegen und die Frau bemüht sich, Ersatz zu finden. Die einzigen Flüge, die früher gegangen wären sind first class für über 900 $. Das können und wollen wir uns nicht leisten. Also lassen wir uns von der Frau noch mit Hotel und Co helfen. Sie telefoniert und rät uns, gegenüber des Flughafens auf das Shuttle zum Hotel Hampton Inn zu warten.

An der Insel mit den Shuttles sind wir komplett überfordert. Hier hält ein Shuttle nach dem anderen, alle sehen gleich aus und wir sind hilflos. Nach etwa einer Stunde beschließen wir einfach in irgendein Shuttle zu irgendeinem Hotel einzusteigen. Der Fahrer rät uns allerdings an der Tafel die Hotels anzurufen und eine Reservierung zu machen.

Also gehen wir zu der Anzeigetafel und telefonieren zig Nummern ab, zig Hotels. Alle besetzt oder schon ausgebucht. Es vergeht bestimmt eine weitere halbe Stunde. Ein älterer Herr kommt uns zur Hilfe und erklärt uns wie wir anrufen müssen.

Wir erreichen dann doch noch das Hampton Inn und reservieren ein Zimmer. Weitere lange Minuten verstreichen. Eine Dame sieht unseren hilflosen Anblick und ruft ohne mit der Wimper zu zucken noch einmal in unserem Hotel an und fragt, wie das Shuttle aussieht. Kurz darauf kommt dann auch das Shuttle. Nach einer kurzen Fahrt können wir im Hotel einchecken – hier will keiner einen Pass oder irgendwas wegen Covid Test/Impfung sehen. Auf dem Zimmer angekommen, schreiben wir noch unserem Hotel in San Diego, dass wir es nicht pünktlich schaffen.

Ich friere vor lauter Übermüdung und schlafe in meiner Daunenjacke. Nach der kurzen Nacht gehen wir zum Frühstücken nach unten. Es gibt labbriges Toast, Bagels, Muffins und Hafeschleim. Alles entweder extrem süß oder irgendwie ekelig. Wir zwängen uns etwas rein, trinken 2 Kaffees. Eine Frau spricht uns an, weil wir Deutsch sprechen und nach einem kurzen Gespräch ist sie total begeistert von uns. Sie gibt uns die Nummer von ihrem Sohn, ihrer Schwiegertochter und von sich selbst, für den Fall, dass mal irgendwas ist. Ro – so lautet ihr Name – rettet uns ein bisschen den Tag. Durch ihre positive, begeisterte Art schöpfen wir wieder neuen Mut, um den kommenden Tag zu meistern.

Am Flughafen in Seattle verläuft alles ziemlich ereignislos. Wir sind allerdings etwas geschockt über die Preise für eine Flasche Wasser und eine Tüte Knabberzeug. 13,50 $. Wow. Der Flug ist klasse, wir fliegen mit einer kleinen Maschine mit Propellern und nur 40 Sitzplätzen.

In Portland angekommen verläuft das Umsteigen erstaunlich reibungslos. Zum Glück mussten wir dieses Mal nicht unser Gepäck von Band einsammeln und neu einchecken. Wir haben nämlich nur etwa 30 Minuten bis zum Boarding.

Diese Maschine ist allerdings größer und gefühlt sitzen wir im Kinder Abteil. Wir müssen wie auf dem Flug zuvor getrennt sitzen. Ich habe einen Platz am Fenster und sehe aus dem Fenster schon mal, was uns erwartet auf unserer Wanderung. Mit einem Mal ist alles vergessen und wir freuen uns nur noch auf das, was vor uns liegt.

Es läuft nicht immer alles perfekt

Es gibt ja immer wieder mal so Tage, an denen sich einfach alles nicht so großartig anfühlt. Gestern war so ein Tag.

Mein Mann Henning und ich haben eine unserer Trainings-Wanderungen für den PCT in der Eifel ‚absolviert‘.

Am Freitagabend hatten wir uns beide noch sehr drauf gefreut, endlich wieder unsere wöchentliche Wanderung zu beginnen. Samstag nach der Arbeit jedoch, hatten wir beide irgendwie doch nicht so richtig Bock. Trotzdem sind wir losgezogen, da das Wetter am Sonntag noch mal besch*ssener werden soll.

Also haben wir die Rucksäcke ins Auto gepackt und sind losgedüst. Auf dem Wanderparkplatz angekommen empfängt uns ein eiskalter Wind. Geht ja schon gut los. Wir marschieren also los, damit uns wieder warm wird. Irgendwie kommt bei mir nicht die übliche Euphorie auf. Normalerweise bin ich immer ganz kribbelig ‚was mag wohl hinter der nächsten Kurve auf uns warten?‘.

Mir tut seit gestern Abend die Achillessehne auf der linken Seite weh. Ich habe keinen blassen Schimmer, warum. Da es anfangs nur bergab in Richtung Tal geht, beginnen dann auch die Knie zu schmerzen. Mir ist kalt. Nach nur 4 km frage ich Henning vorsichtig, ob wir die Tour nicht auch abkürzen könnten. „Irgendwie fühle ich es heute nicht.“ Eigentlich stehen 22 km auf dem Tacho und eine Rückkehr um ca 22 Uhr abends in der Dunkelheit.

Nach 8 km wenden wir uns dann links statt rechts rum. Und zack erwartet uns hinter der nächsten Kurve… Eine Kläranlage mit dem bekannten Geruch. Aber danach endlich das erste richtige Highlight der Tour: ein toller Aussichtspunkt mit Blick über das Kalletal. Im Anschluss geht es dann über einen wunderschönen Singletrail runter ins Tal. Raus aus dem eisigen Wind. Bei so schönen Abschnitten vergisst man auch kurz die Wehwehchen.

Unten angekommen, erkennen wir die Stelle, an der wir schon so oft vorbei gewandert sind. Es ist immer wieder ein gutes Gefühl, die Wege geistig einordnen zu können und Kartenabschnitte zusammenzufügen.

Der Rest der Tour verläuft so unspektakulär wie sie begonnen hat. So langsam wird es dunkel. Wir sind allerdings vorbereitet und packen unsere Stirnlampen aus. Im Dunkel über- oder unterqueren wir mehrere umgestürzte Bäume während wir uns aus dem Tal bergauf kämpfen. Die letzten Tage wüteten gleich zwei Stürme hintereinander.

An einem kurzen Straßenabschnitt geht’s zurück zum Wanderparkplatz. Geschafft. Knappe 16 km und das obwohl wir müde waren und absolut keinen Bock hatten. Gut – es sind nicht die 22 km, die wir geplant hatten, aber wir hatten auch nirgendwo Gelegenheit, eine Pause zu machen.

Nord-Süd-Trail Tag 14

Freundentänze und Tiefpunkte

Völlig erschlagen wache ich auf. Die letzte Nacht war nicht sonderlich erholsam für mich. Dennoch bin ich ganz guter Dinge und freue mich auf den kommenden Tag. Frühstücken wollen wir allerdings an einem anderen Ort, da es hier noch immer sehr windig ist und alles ist nass vom Tau.

Camp bei Tagesanbruch

Nach einem schönen Abschnitt entlang von Feldern und Wäldern im Wechsel, kommen wir auch heute nicht um einen Road-Walk herum und laufen mal wieder an einer viel befahrenen Straße entlang. Hier befindet sich immerhin ein recht gut begehbarer breiter Gravelstreifen zum Gehen. Endlich biegen wir in ein Waldstück ab. Als wir fast aus diesem Waldstück auf das Nächste Feld heraustreten raschelt es neben mir im Gebüsch und zunächst denke ich, es sei ein Fuchs, der auf mich zuläuft. Aber dann teilt sich der vermeintliche Fuchs und ein Eichhörnchen rennt direkt vor mir über den weg, während das andere die Notbremse zieht. Beide verziehen sich schimpfend ins Unterholz. In der Hoffnung, dass sich eines der beiden noch einmal auf die andere Seite traut, warten wir regungslos ab. Als das aber nicht passiert, beschließen wir, die beiden in Frieden zu lassen und weiter zu laufen.

Nur wenige Meter entfernt ruft Henning – der immer einige Meter vor mir läuft – aufgeregt „eine Schlange!! Schatz, hier ist eine Schlange!“ Also schließe ich aufgeregt, aber vorsichtig zu ihm auf. Zunächst sehe ich die Schlange nicht, aber Henning zeigt mir vorsichtig, wo sie wenige Meter vor uns im mittleren Grasstreifen des Weges liegt. Henning erklärt mir aufgewühlt, er hätte zunächst gedacht, dass auf dem linken Stück des Weges ein Fahrradschlauch läge, aber der habe sich in den Streifen aus Gras zwischen den beiden Fahrtrassen des Weges bewegt.

Ringelnatter

Geduldig warten wir ab, machen Fotos und Videos und hoffen, dass sich die Ringelnatter aus ihrem Versteck hervortraut. Und dann kriecht sie über den Weg und man erkennt deutlich, dass sie vor kurzem erst etwas gefressen hat, da sie eine dicke Beule am Bauch (?) hat.

Ringelnatter

Wir sind so aufgeregt und führen ein kleines Freudentänzchen auf, nachdem sich die Schlange in Sicherheit begeben hat. Wahnsinn! Eben noch hatten wir auf einem Hinweisschild gelesen, dass man in der Nähe gute Chancen hat, die Nattern zu sehen, aber je weiter wir weg liefen, desto weniger glaubten wir, noch eine entdecken zu können. Und dann sehen wir auch noch so ein großes Exemplar!

Voller Euphorie führen wir unseren Weg fort. Weiter geht’s durch den Wald, der wirklich sehr schön ist. Auch heute ist es wieder ziemlich warm und im Wald lassen sich die hohen Temperaturen ganz gut aushalten. Jedoch ist weit und breit mal wieder keine Bank zu finden und so legen wir eine Pause ein, als wir an eine Kreuzung kommen, an der ein sehr breiter Buchenstamm liegt. Ich lege mich auf den Boden davor, um meine Füße hochzulagern und Henning macht es sich auf dem Baumstamm bequem.

Pause

Wir dösen eine Weile und dann wandern wir weiter. Kurz nach unserem Pausenplätzchen kommen wir wieder auf offenes Feld. Nun wird es mal wieder Zeit für den Sonnenschirm. Da ich meine Wanderstöcke als Unterstützung für die Gelenke brauche, klemme ich meinen Schirm immer an meinem Brustgurt ein. So schützt er mich vor Sonne und Regen und ich hab die Hände frei, um mit den Stöcken zu wandern. Jedoch erwischt eine Windböe den Schirm so, dass eine Strebe bricht.

Mittlerweile haben sich bei mir die Müdigkeit, Erschöpfung, schmerzende Gelenke, die Hitze und die Tatsachen, dass mein Kopfkissen kaputt ging und ich meine liebste Kappe verloren habe so sehr aufgestaut, dass diese gebrochene Strebe an dem teuren Sonnenschirm das Fass zum Überlaufen bringen. Und so breche ich an diesem eigentlich wundervollen Tag mitten auf diesem Feldweg so heftig in Tränen aus, dass vor lauter heulen nichts mehr sehen kann. Ich schluchze richtig. Henning bekommt von all dem überhaupt nichts mit, da er einen Abstand von gut 300 Metern zu mir aufgebaut hat. Der Feldweg führt zum Schlosshof Sierhagen, wo es einen kleinen Hofladen gibt, wo Henning mich bereits freudestrahlend erwartet und gerne ein Eis essen möchte. In meinem Frust lehne ich aber ab, mir ist es vollkommen unangenehm so verheult neben den anderen Leuten ein Eis zu essen. Henning versteht natürlich nicht, was so schlimm daran ist, dass mein Schirm kaputt gegangen ist. Das ist ja nunmal kein Grund, sich so aufzuregen. Aber für mich ist das alles in dem Moment viel zu viel. Und so laufe ich weiterhin leise schluchzend hinter ihm her, denn jetzt kommt auch noch das blöde Gefühl dazu, mich wie ein trotziges Kind aufzuführen und ich habe ein schlechtes Gewissen, weil er mir einfach an diesem heißen Tag eine Freunde mit einem Eis machen wollte.

Gedanken wie „Ich will einfach nur nach Hause“, „Wieso tue ich mir das immer noch an“, „Mir tut alles weh“, „Ich werde den PCT bestimmt niemals beenden“ usw. schießen durch meine Gedanken. Wir laufen stumm weiter. Nach gut 20 Minuten kommen wir an eine Wiese mit Kühen. Hier stehen große und junge Kühe, in allen möglichen Farben, uns sie starren uns an, als wären wir verrückt.

Der Tag ist wunderschön, kein Wölkchen am Himmel zu sehen, wir steuern McD. an, damit wir unsere Elektronik aufladen können, und um etwas zu essen. Ansonsten sehen wir nicht viel von Neustadt in Holstein. Nach etwa einer Stunde Pause im McD. habe ich mich auch wieder komplett gefangen. Wir wollen noch ein Stück weiter wandern. Wildcampen steht wieder auf der Tagesordnung. In der Ferne sehen wir beim Verlassen von Neustadt den Freizeitpark Hansa-Park. Wir unterqueren die Autobahn und gelangen auf Feldwegen zum Ort Oevelgönne. Die Felder rundherum werden grade alle gepflügt, deshalb Wandern wir noch weiter. Aus Angst, dass die Bauern auch die Nacht durcharbeiten und uns auf irgendeinem Feld vielleicht übersehen könnten, wandern wir bis zum Einbruch der Dunkelheit. An einer Straße fällt mir ein Streifen Wiese zwischen einer abgezäunten Weide und einer Dornenhecke auf. Gerade breit genug, dass Hennings Zelt dazwischen passen würde. Kurzerhand bauen wir trotz extremer Unebenheiten das Zelt auf. So einen schlechtes Camp hatten wir wirklich noch nie! Ohne Abendessen – wir sind noch voll von McD. – geht’s ins Bett. Vollkommen erschöpft von den Ereignissen des Tages.

Links direkt die Straße und eine Dornenhecke, rechts eine angezäunte Weide

Gewanderte km: 34,6

Nord-Süd-Trail Tag 13

der längste Tag bisher und die schlimmste Nacht

Die Nacht war recht angenehm, die Übungen für meinen Rücken scheinen echt zu helfen und ich habe zum Glück doch nicht so viel Sonne abbekommen, wie befürchtet.

Nach einer ausgiebigen Dusche (wir hatten jeweils Duschmarken für 10 Minuten), und einem vorherigen schönen Frühstück direkt aus den Zelten heraus, starten wir in den Tag. Zuvor verabschieben wir uns noch von Theresa und Kim. Wir wollen noch unser Paket in der Packstation holen und wieder abschicken, also wer weiß – vielleicht sehen wir uns ja heute im Laufe des Tages noch einmal.

Nachdem wir die Vorräte in unserem Paket geplündert und alles weitere im Edeka besorgt haben, geht die Wanderung weiter. Durch Wälder an Seen entlang. Das prägt den heutigen Tag.

Als wir grade überlegen, ob wir Kim oder Theresa wohl noch einmal wiedersehen, taucht auch schon die Gestalt von Theresa an der Seeböschung auf. Wir wandern ein Stück gemeinsam und laufen schon bald auf Kim auf. Wortlos beschließen wir, unser Tempo zu drosseln und ein Stück mit den beiden gemeinsam zu wandern. Wir haben ein paar nette Gespräche und verbringen eine zweite Frühstückspause mit den beiden.

v. l. n. r. Theresa, Kim, Henning
v. l. n. r. Henning, Theresa, Kim

Aber wir haben noch eine ganz schöne Strecke vor uns. Es werden wahrscheinlich mal wieder mindestens 36 km. Also verabschieden wir uns doch endgültig, tauschen aber vorher noch die Kontaktdaten aus. Und dann geht es für Henning und mich weiter in Richtung Bungsberg. Der höchste Punkt von Schleswig-Holstein (168 m ü. NN). Hier befindet sich nämlich ein weiteres Trekking-Camp. Hier darf man also ganz legal wild zelten.

Der Weg dorthin ist allerdings wahnsinnig unspektakulär und verläuft mal wieder über Forstwege und asphaltierte Feldwege. Hin und wieder haben wir eine nette Aussicht. Es ist total anstrengend und die Kilometer ziehen sich. Zum Glück hatte Henning für solche Fälle einen Witz-Podcast von Eckart von Hirschhausen offline auf Spotify gespeichert. Die ersten beiden Teile davon hatten uns schon mal durch einen Stau gerettet, der über 3 Stunden Standzeit für uns bedeutete.

Und so laufen wir die letzten 7 oder 9 km durch langweiliges Terrain mit lustiger Beschallung und erreichten pünktlich im Sonnenuntergang unser Nachtlager.

Sonnenuntergang am Bungsberg
Trekkingcamp Bungsberg

Nachdem wir unsere Zelte aufgebaut haben, gibt es noch leckeres, gekochtes Abendessen und dann mümmeln wir uns in unser jeweiliges Zelt.

Es ist mittlerweile stockdüster, als mir so kalt wird, dass ich meine Daunenjacke anziehe. Dafür setze ich mich hin und sehe dabei, wie ein Auto unten am Waldrand zum Camp rückwärts heranfährt. Ich höre die Stimmen von mehreren Männern und mein Herz beginnt wie wild zu pochen. Hier oben darf man gar nicht zelten, wenn man mit dem Auto kommt. Das ist nur Radreisenden und Wanderern gestattet. Und warum kommen die erst als es schon so dunkel ist? Mir rasen die wildesten Gedanken durch den Kopf und als ich die Typen mit Taschenlampen den Hügel hinaufkommen sehe, lege ich mich wieder platt auf meine Matratze und atme kaum, damit sie uns hoffentlich nicht bemerken. Henning scheint tief und fest zu schlafen, sein Zelt steht direkt neben meinem, aber ich will ihn nicht rufen, um die Leute nicht auf uns aufmerksam zu machen. Wer weiß wie die drauf sind.

Ich höre Gesprächsfetzen, aber nichts bedeutsames, auch das Klirren von Flaschen meine ich zu hören. Ich glaube, die haben sich genau auf der anderen Seite von der Hecke auf dem ‚Gipfel‘ niedergelassen. Sie scheinen uns noch nicht bemerkt zu haben.

Irgendwann muss mich der Schlaf übermannt haben. Mitten in der Nacht werde ich allerdings wieder geweckt. Diesmal vom Wind, der an unseren Zelten rüttelt. Es ist ansonsten aber vollkommen ruhig und so krabbel ich aus meinem Zelt, um die Heringe noch etwas tiefer in den Boden zu stecken und die Zeltleinen etwas mehr zu spannen.

Danach schlafe ich dann erschöpft wieder ein. Erholsam ist diese Nach jedenfalls in keinster Weise…

Gewanderte km: 39

Nord-Süd-Trail Tag 12

300 km, Hitze, gefährliche Straßen und andere Wanderer

Nach einer kalten und klammen Nacht, klingelt wieder der Wecker sehr früh. Da wir ja direkt unter bzw. neben einem Hochsitz gezeltet haben, wollen wir schnell hier verschwinden. Geschlafen habe ich nicht besonders gut, für meinen Geschmack war die Nacht viel zu kurz. Frühstück ist ebenfalls auf später verschoben – erst einmal warm laufen.

Direkt zu Beginn sehen wir auf der gegenüberliegenden Wiese einige Rehe frühstücken und auch wir haben nach wenigen Kilometern unter einer Brücke eine trockene Bank zum Frühstücken gefunden.

Rehe beim Frühstück

Anschließend laufen wir durch Preetz und können unsere Vorräte im örtlichen Edeka auffüllen. Hinter Preetz wandern wir noch durch Wald und über Felder im Wechsel, bis wir an eine Straße gelangen. Diese Straße wäre hier bei uns zu Hause allenfalls eine Behelfsstraße zwischen zwei Dörfern, hier allerdings donnern Müllabfuhr, LKWs und viel zu breite Traktore und nervöse Autofahrer, die es alle unfassbar eilig zu haben scheinen an uns vorbei. Wir hoffen, dass es sich hierbei nur um ein kurzes Stück handelt.

Vorhin konnten wir am Horizont etwas erkennen, was wie ein anderer Weitwanderer aussah. Das motiviert uns, schnellen Schrittes voranzukommen. Das und die vielen Autos und LKWs…

road-walk

An einer Kreuzung ist eine kleine Bank im Schatten eines Baumes, an der wir beschließen uns noch eine kleine Pause zu gönnen. Wir haben nämlich die Befürchtung, dass es noch einige Zeit so weiter geht.

Nach weiteren Kilometern an einer der abknickenden Straßen ohne Fußweg, beschließen wir an einem kleinem Stück Wiese direkt am Straßenrand unseren Kram auszubreiten, um diesen zu trocknen. Zelt und Schlafsäcke sind mal wieder ziemlich feucht durch die taunasse letzte Nacht.

Schließlich haben wir aber bei all den Strapazen entlang der Straße bei wieder einmal ziemlich warmen Temperaturen noch etwas zu feiern! 300 km auf dem NST – die Hälfte ist für uns schon geschafft! Wahnsinn.

300 km auf dem NST

Und trotzdem wird die Feierlaune wieder gedrückt, als wir nach einem kurzen Abschnitt über einen Singletrail wieder an die Straße zurückgeführt werden. Schließlich überqueren wir eine Bundesstraße und hinter Neutramm wandern wir weiter über asphaltierte Feldwege. Es ist mal wieder Zeit für den Sonnenschrim. Die Hitze ist durch den reflektierenden Asphalt nahezu unerträglich.

Sonnenschirm Zeit

Am Trammer See kurz vor Plön legen wir eine weitere Pause im Schatten ein. Unten am See können wir jemanden mit einem großen Rucksack ausmachen. Ist das der Wanderer von eben? Wir sind beide zu lauffaul, um das jetzt herauszufinden. Vielleicht sehen wir uns ja noch mal wieder, wer weiß.

Am Ortseingang von Plön stürmen wir die Tankstelle, da wir kein Wasser mehr haben. Wir sind uns noch nicht so sicher, wo wir heute landen, also werden wir gleich in der Innenstadt noch vernünftig einkaufen gehen. Und ich möchte ein Eis. Ich möchte unbedingt ein Eis essen gehen.

Hinter der Tankstelle geht es steil eine Nebenstraße rauf, wir finden eine weitere Bank im Schatten und nutzen diese auch gleich, um eine kurze Pause zu machen.

Kurz nachdem wir weiter laufen, muss Henning kurz im Gebüsch verschwinden, ich gehe einige Schritte voraus und suche auf dem Handy nach der nächsten Eisdiele, als ich Henning sprechen höre. Als ich mich umdrehe, bemerke ich, dass er sich mit jemandem in unserem Alter (?) unterhält. Wow, für das kleine Persönchen ist der Rucksack geradezu riesig. Theresa ist auf ihrer ersten Wanderung. Wieder Wow! Und dann direkt alleine…

Wir quatschen ein wenig und als wir in der Innenstadt ankommen, biegen wir ab, um einzukaufen und Eisessen zu gehen, Theresa führt ihren Weg über den E1 fort und zeltet diese Nacht auf einem Campingplatz in der Nähe.

Beim Eisessen wird mir klar, dass wir jetzt schon fast 30 km unterwegs sind und der Ort, an den wir eigentlich geplant hatten zu laufen, noch sehr weit entfernt ist. Also überprüfe ich, ob wir noch andere Optionen haben und entdecke einen Campingplatz nicht weit von unserem aktuellen Standort. Campingplatz Gut Ruhleben. Der sieht sehr gemütlich und gepflegt aus. Henning ruft dort kurzerhand an, die Frau am Telefon ist mega nett, wir sind nämlich definitiv nach ihrer Öffnungszeit erst am Campingplatz. Aber wir sollen einfach kurz anrufen, wenn wir da sind, dann würde sie uns alles fertig machen.

Ich bin so froh, dass wir nun ein definiertes Ziel haben, ich bin echt k.o. Naja das ist ja eigentlich nichts neues, aber es ist wirklich so anstrengend für mich, da ich mich nachts nicht so gut erhole, wie ich müsste, da ich noch immer nicht vernünftig schlafen kann. Also gibt es auch heute wieder getrennte Zelte.

Auf dem Campingplatz treffen wir auch Theresa wieder und haben noch länger Gelegenheit zu quatschen. Auch Kim – den Dänen – lernen wir kennen. Theresa hatte ihn schon heute morgen getroffen. Wahnsinn. Da sieht man hier die ganze Zeit nicht einen einzigen Wanderer und dann direkt 2 am selben Tag. Henning und Kim vertiefen sich in ein Gespräch über Ausrüstung. Theresa fragt mich nach ein paar Tipps, wie man denn leichter und mit weniger Dingen voran kommt. Ich erzähle noch davon, dass ich heute meine Kappe verloren habe, was mich sehr ärgert und um ehrlich zu sein auch zum heulen gebracht hat. Jetzt habe ich Kopfschmerzen durch zu viel Sonne und Hitze. Da holt Theresa aus ihrem großen Rucksack ein Schlauchtuch. Sie schenkt es mir, weil sie eh zwei Stück dabei hat und sogar irgendwo noch ein drittes. Ich bin mega happy darüber und auch hier fällt mir wieder die Weitwanderer-Philosophie „the trail provides“ – „der Weg versorgt dich“ ein. Das hat sich bei uns schon mehr als einmal bewahrheitet.

Nach den ausgiebigen Gesprächen verzieht sich jeder an oder in sein Zelt. Wir machen uns noch Abendessen und wir werden erst morgen früh duschen gehen. Das ist uns jetzt doch etwas zu spät geworden.

Was für ein Tag.

Schöner Sonnenuntergang

Gewanderte km: 33,7

Nord-Süd-Trail Tag 11

Streit im Wald

Der Wecker klingelt wieder um 5:30 Uhr. Noch bevor mein Verstand wirklich begreift, was ich da mache, führe ich meine Übung für den Rücken durch. Ich glaube, das hat mir sogar diese Nacht geholfen, da ich tatsächlich nicht so schlimme Schmerzen habe, wie die Tage zuvor. Ich bin trotzdem diese Nacht mehrfach aufgewacht und habe auch etwas länger wach gelegen. Die Zeit habe ich genutzt, um Fotos zu machen, da die Nacht so sternenklar war und der Mond gerade günstig über Hennings Zelt stand.

Sternenhimmel über Hennings Duplex

Nach der Übung koche ich mir noch in der Schlafsack gemümmelt mein Wasser für Kaffee und Müsli.

Frühstück im Zelt

Nach dem Frühstück springe ich schnell unter die Dusche. Wegen meiner Haare habe ich mich gestern nur schnell sauber gemacht. Um 7 Uhr marschieren wir dann los. Ich werde heute irgendwie gar nicht richtig wach. In Richtung Kiel laufen wir durch Waldgebiete, die Luft fühlt sich sehr schwül an heute. Für unser zweites Frühstück haben wir uns eine Bank im Halbschatten ausgesucht. Plötzlich hören wir Geschrei, dann kommt ein kleiner Junge angerannt und hinter ihm her eine Frau. Wie wir dann aus dem Geschrei und Gezeter heraushören können, ist der Junge wohl unzufrieden mit dem Sportunterricht und will nach Hause, die Lehrerin kann ihn natürlich nicht einfach so nach Hause laufen lassen. Der Streit der beiden zieht sich durch den halben Wald und durch unsere gesamte Pause hindurch. Am Ende erreicht die arme Lehrerin allerdings doch noch, dass der Junge zurück in das Schulgebäude läuft und wir ziehen weiter.

Unser Weg führt uns nach Kiel, immer am Hafenbecken entlang und schließlich setzen wir mit einer Fähre über auf die andere Seite der Bucht. Hier gehen wir noch einmal einkaufen. Mittlerweile haben wir den Dreh raus, dass wir möglichst wenig an Essen und Trinken mitschleppen müssen, da wir hier so eine gute Infrastruktur vorgefunden haben, dass wir eigentlich täglich einkaufen gehen können. So müssen wir möglichst wenig Extragewicht mit uns tragen. Ich hole mir hier außerdem neue Einlegesohlen für meine Schuhe, da die, die bei den Schuhen dabei sind, praktisch nicht mehr existent sind, so plattgelaufen sind die. Es ist allerdings gar nicht so leicht, die mit dem Taschenmesser in die richtige Form und Größe zu bringen, aber mehr steht mir grade nicht zur Verfügung.

Kurz vor dem Ende Kiels radelt eine Frau an uns vorbei und wirkt total begeistert von uns und fragt wo es hingeht. Nach einem kurzen Austausch sagt sie, dass Hamburg aber in die andere Richtung liege und ob wir denn an der Schwentine entlang laufen würden. Schwentine sagt uns nichts, aber dort soll es wohl sehr schön sein. Wir verabschieden uns und nach circa 100 Metern verstehen wir, was gemeint war. Schwentine ist der Flus, der hier fließt. Ähnlich wie bei uns der Rurufer-Radweg. Nur schöner. Wir sind froh, dass wir fast den ganzen Tag den Schutz von Bäumen haben, da die Sonne mal wieder vom Himmel glüht. Hin und wieder geht es allerdings auch über Feldwege, wo wir regelrecht gebrutzelt werden. Hier zeigt sich mal wieder, wie gut es ist, dass wir das Extragewicht vom Regen-/Sonnenschirm mit uns herumtragen.

An einem Feldweg kurz hinter Kiel-Oppendorf legen wir auf einer Bank eine Rast im Schatten ein, wo wir unseren Salat futtern und uns etwas abkühlen. Vorbei kommt der Hund Otto, der uns ausgiebig beschnüffelt, aber nicht – wie von Frauchen befürchtet – das Bein erhebt. Kurz darauf kommt ein älterer Herr mit Walking-Stöcken vorbei. Er Fragt uns über unser Vorhaben und über unseren Weg aus und wirkt begeistert. Er wirkt selber noch recht fit, wir schätzen ihn auf Angang 80, obwohl er wesentlich jünger aussieht. Jeden Tag läuft er den Weg hier 10 mal auf und ab. Er trägt eine Pulsuhr, die immer mal wieder piepst.

Diese Begegnungen sind ein weiterer Grund, die einen antreiben, weiterzumachen. Es ist so schön, das Leuchten in den Augen des Gegenübers zu erblicken, wenn man ihnen von seinem Vorhaben erzählt. Es motiviert unheimlich, unterwegs diese Konversationen und das echte Erstaunen und die Bewunderung der vollkommen fremden Leute zu ernten. All die netten Wünsche – von gutem Wetter über schöne Wege und blasenfreie Füße.

Erheitert durch das nette Gespräch wandern wir weiter. Kurz vor Preetz beschließen wir, irgendwo unser Lager aufzubauen. Nach kurzem Suchen an den Feldwegen und in einem kleinen Wald, kämpfen wir uns durch Gebüsch und Dornenbüsche auf eine Wiese. Hier stehen gleich drei Hochsitze und so beschließen wir, bis zum Einbruch der Dämmerung zu warten und erst einmal etwas zu essen, für den Fall, dass wieder ein Jäger kommen sollte.

Da niemand erscheint, bauen wir endlich das Zelt auf, kurz bevor es dunkel wird. Mir ist es inzwischen richtig kalt geworden, da die Luft hier super feucht war. Irgendwie ist es hier im Norden abends und morgens immer feucht und klamm vom Tau und Nebel. Bei den vielen Seen, Flüssen und der Nähe zum Meer ist das allerdings auch kein Wunder.

Gewanderte km: 15,2 + 15,5

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